Treppenlift

Die Aufgabe

Bei meinen Großeltern im Haus gibt es einen Treppenlift der Marke „Graventa Lift“,
der bereits seit einigen Jahren nicht mehr betätigt und bewegt wurde.
Ein Test zeigte, dass er sich nicht mehr bewegen ließ.


Da er wieder hilfreich sein könnte, bat mein Vater mich darum, ihn wieder gangbar zu machen.
Ein Serviceeinsatz eines Servicetechnikers sollte möglichst vermieden werden und wenn man nicht an der Mechanik rumschraubt, Sicherheitseinrichtungen überbrückt oder die Firmware umprogrammiert, kann nach gesundem Menschenverstand auch nichts schief gehen.
Wer generell keine Ahnung hat, was er tut, sollte dennoch die Finger von solch einem Gerät lassen.


Abbildung 1: Treppenlift ohne Sicherheitsabdeckung am Fahrwerk


Abbildung 2: Typenschild oberhalb des Fußbretts


Abbildung 3. Handbuch

Es stand ein Schaltplan zur Verfügung, der die Verdrahtung der Sensoren und Aktoren an die Unit darstellt. Auf eine Veröffentlichung an dieser Stelle muss verzichtet werden.
Der Anleitung und dem Schaltplan ist zu entnehmen, dass es sich um das Modell „CURVE_CLASSIC“ handeln muss.

Die Analyse

Zunächst wurde die Verkleidung, die aus zwei Halbschalen besteht, abgebaut.
Hierfür mussten an der Naht, an der beide Halbschalen zusammentreffen, ca. 5 Schrauben entfernt werden. Dann konnten die Halbschalen zu den Seiten weggezogen werden.


Abbildung 4: Innenseite einer Halbschale

An der Innenseite enthält jede Halbschale gefederte Abstandhalter.
Hier wurde mir erst im Laufe der Analyse klar, dass bei Kollision die Verkleidung in die Federn gedrückt wird und die Verkleidung auf Taster am Chassis drückt. Dies führt dann zur Notabschaltung.


Abbildung 5: Oben auf dem Chassis, direkt unter der Sitzfläche stehen die Akkus

Nach dem Entfernen der Verkleidung wurde zunächst Ausschau nach dem Akkumulator gehalten.
Tatsächlich handelt es sich jedoch um zwei Akkus.
Diese stehen oben auf dem Chassis in einer speziellen Halterung.
Es handelt sich um jeweils zwei Bleigelakkus mit einer Nennspannung von 12V.
Beide Akkus sind in Reihe geschaltet, so dass sich die Nennspannung auf 24V verdoppelt.
In der Brücke zwischen den beiden Akkus befindet sich ein Sicherungshalter für eine KFZ-Stecksicherung.

Die Spannungen beider Akkus wurden gemessen und es stellte sich heraus, dass beide Akkus entladen waren. Dies war auch zu erwarten, da das Ladegerät für eine lange Zeit vom Netz getrennt war. Also wurde das Ladegerät eingesteckt und eine Ladespannung gemessen.
Das Ladegerät hat eine LED mit drei Farben. Grün = Akku geladen. Gelb = Akku leicht entladen, Ladevorgang. Rot = Akku entladen, Ladevorgang.
Nun musste erst mal gewartet werden, bis der Akku wieder geladen war.

Hinter der Fahrschiene ist in den Parkpositionen oben und unten jeweils ein zweipoliger Ladekontakt. Am Chassis befinden sich gefederte Stromabnehmer, die den Kontakt zu den Ladekontakten herstellen.

Nachdem die Akkus wieder geladen waren, wurde versucht, den Lift im Regelbetrieb zu bewegen.
Hierzu müssen das Fußbrett und die Armlehnen herunter geklappt werden sowie der Schlüsselschalter eingeschaltet werden. Die Bedienung erfolgt über den Joystick.
Der „Notschalter“ darf nicht betätigt sein. Eine Betätigung des „Notschalters“ wird durch Leuchten des „Notschalters“ signalisiert. Der Lift bewegte sich jedoch noch nicht.


Abbildung 6: Schalter und Taster für den Service- und Notbetrieb

Unter der Verkleidung gibt es neben den Akkus einen Schalter und einen Taster für den Service- und Notbetrieb. Der Schalter hat drei Stellungen. Neben Null eine für die Fahrbewegung und eine für die Neigung des Sitzes. Mit dem Taster kann, je nachdem welche Schalterstellung gewählt ist, der Lift nach rechts und links bewegt oder der Sitz nach rechts und links geneigt werden.
Hiermit konnte der Treppenlift schon mal bedient werden.
Einzige Voraussetzung hierfür ist, dass der Schlüsselschalter eingeschaltet ist.

Die folgende Abbildung 7 zeigt die Motoren des Treppenliftes.
Oben ist ein Motor in horizontaler Einbaulage zu sehen, der für die Neigung des Sitzes zuständig ist. Unten, etwas eingerückt sieht man einen Motor in vertikaler Einbaulage. Von diesem Motor gibt es einen zweiten auf der gegenüber liegenden Seite. Diese beiden Motoren sind für die horizontale Fahrbewegung des Liftes zuständig.


Abbildung 7: Motoren des Treppenliftes

Außerdem gibt es hinten unten am Chassis je Richtung einen Endlagenschalter bestehend aus Mikroschaltern mit Rollenhebeln.
Am Ende der Fahrschiene gibt es einen Kunststoffblock. Die Mikroschalter werden durch Kollision mit dem Kunststoffblock betätigt.
Im Servicebetrieb ließ sich der Lift auch bis in den Endlagenschalter fahren, was zur Notabschaltung und damit zum Stillstand des Liftes führte.
Leider funktionierte dann aber auch die Gegenrichtung nicht mehr. Also absolute Notabschaltung.
Was der Entwickler sich dabei gedacht hat, ist mir fraglich.
Also musste der Block abgeschraubt werden, um den Endlagenschalter zu entlasten.
Der Lift konnte dann in die Gegenrichtung bewegt werden. Anschließend wurde der Block direkt wieder angeschraubt.
Im Regelbetrieb stoppt der Lift, sobald er die Ladekontakte erreicht hat. Er erreicht also im Normalfall nicht die Endlage.


Abbildungen 8 und 9: Rote Taster am Chassis hinter der Verkleidung

Zunächst haben mich die roten Taster irritiert, von denen jeweils zwei auf jeder Seite des Chassis eingebaut sind. Diese sind mit Tastern im Fußbrett in Reihe geschaltet.
Ich ging zunächst davon aus, dass sie das Vorhandensein der Verkleidung abfragen.
Dann hätten es jedoch Schließer sein müssen, die bei vorhandener Verkleidung geschlossen sind und bei fehlender Verkleidung eine Ruhestromschleife unterbrechen.

Tatsächlich handelt es sich bei den roten Tastern jedoch um Öffner. Im unbetätigten Zustand sind sie geschlossen. Erst später fiel mir die bereits oben erwähnte gefederte Verkleidung auf.
Kollidiert die Verkleidung mit einem Hindernis, so wird sie gegen die Taster gedrückt.
Die Taster unterbrechen eine Ruhestromschleife und dies führt zum Notstopp.

Unter dem Fußbrett gibt es ebenfalls eine Verkleidung, die von den Seiten nach unten angeschrägt ist. Diese ist um einen Mittelpunkt federnd gelagert. Um den Mittelpunkt gibt es drei weitere Öffner. Kollidiert die Verkleidung des Fußbretts mit einem Hindernis, z.B. weil etwas auf den Treppenstufen liegt, so wird die Verkleidung gegen einen der Öffner gedrückt, die Ruhestromschleife unterbrochen und ebenfalls ein Notstopp herbeigeführt.

Da nun zwar das Funktionsprinzip im Wesentlichen klar, aber der Fehler noch nicht gefunden war,
wurden nun systematisch nach Schaltplan vorgegangen und alle Schalter und Taster überprüft.
Hierbei fiel auf, dass der „Notschalter“ in der rechten Armlehne unterbrochen war.
Eigentlich kann man gar nicht von einem Notschalter sprechen. Ein richtiger Notschalter, z.B. mit Pilzkopf, darf sich nicht durch erneutes Drücken freischalten lassen, sondern muss mit einem Schlüssel entriegelt oder zumindest durch eine Drehbewegung entriegelt werden.
Hier handelt es sich jedoch um einen gewöhnlichen Tastrastschalter aus einem Industrieschalterprogramm. Beim Ausbau stellte sich heraus, dass dieser Schalter mechanisch defekt war.


Abbildungen 10 und 11: Defekter „Notschalter“

Bei Reichelt ließ sich ein Ersatz mit den passenden Schaltaktoren und Beleuchtung für die Einbauöffnung mit 16mm Durchmesser finden.
Dieser wurde gemäß Verdrahtungsplan eingebaut und der Treppenlift funktioniert wieder wie gewünscht.


Abbildung 12: Neuer „Notschalter“

Update 10.06.2018

Nach dem letzten Serviceeinsatz am Treppenlift vor ziemlich genau einem Jahr hatte mein Großvater den Lift täglich in Gang gehalten, bis er vor ein paar Wochen berichtete, dass der Treppenlift plötzlich nicht mehr funktioniere.
Nach dem Entfernen der Verkleidung und einer Sichtkontrolle fiel direkt auf, dass die Akkugehäuse „dicke Backen“ machten, also nach außen ausgebeult waren.
Beim Laden wurde einer der Akkus heiß, während der andere Raumtemperatur aufwies.


Abbildung 13: Die alten Akkumulatoren mit dicken „Backen“. Einer wird beim Laden heiß.

Auf den alten Akkus konnte kein Hersteller identifiziert werden, aber die technischen Angaben (12 Volt / 8 Ah) waren ausreichend, um Ersatz zu beschaffen.
Die Maße betragen ca. 150 mm Breite, 65 mm Tiefe und 90 mm Höhe. Dies scheint ein Standardmaß zu sein.


Abbildung 14: Die Beschriftung der alten Akkus

Bei Amazon gab es den Typ „Panasonic UP-VW1245P1“, der mit 12V Spannung und 7,8Ah Kapazität die Werte des alten Akkus erfüllte, für 34,90 Euro pro Akku.


Abbildung 15: Alte Akkus (links) und neue Akkus (rechts)

Nach dem Einbau funktionierte der Lift direkt wieder auf Anhieb.
Mit dem Zangenamperemeter wurde die Gesamtstromaufnahme beobachtet. Diese kann bei „Bergfahrt“ um die 12A betragen.

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